Die Zucht
- Von der Vergangenheit zur Gegenwart -
Wildobstarten, die der Mensch bisher in Kultur genommen hat, sind immer durch das Auslesen der besten Klone, d.h im Prinzip durch Beobachtung, weiterentwickelt worden. Die heutige, industrielle Zucht hingegen hat mehr als nur eine Einflussmöglichkeit zur Verfügung, die jeweilige Obstart gezielt auf gewünschte Eigenschaften zu verändern. Darauf soll aber in diesem Text nicht weiter eingegangen werden. Als man um 1900 aus der Familie der Actinidien eine bestimmte Art (Act. deliciosa) aus Wildbeständen in Südchina auswählte, waren Fruchtgewichte von 30 – 40 Gramm das Maximum des Gefundenen. Aus deren Sämlingsbeständen wiederum selektierte man schon kurze Zeit später Klone, deren Früchte bereits über 60 Gramm wogen. Kiwi-Generation für Kiwi- Generation „purzelten“ jetzt die Rekorde. Den Durchbruch zur Erreichung einer akzeptablen Handelsfrucht brachte ein Sämling aus Neuseeland (ca. 1980)der im Ertragsalter Früchte von 80 bis über 100 Gramm, bei schöner Form und guten Handlingseigenschaften, garantierte. Dieser Typ mit den Handelsnamen „Hayward“ setzte sich bis heute durch. Die Chinesen, führend in der Zucht auf der Basis der Art Act. Chinensis, haben z. B. mit der Sorte„Lushan-xiang“ schon 1990 Fruchtgewichte bis zu 220 Gramm erreicht! Hier bei uns, nördlich der Alpen, spielt der Plantagenanbau dieser beiden subtropischen Actinidienarten aufgrund der klimatischen Bedingungen keine Rolle. Schlußfolgernd gibt es daher auch kaum Zuchterfolge. ____________________________________ Die Kiwiberry`s, oder auch Kiwai`s oder Minikiwi genannt, der Arten Act. arguta, Act. kolomikta, Act. purpurea oder Act. melanandra aus den nördlichen Gebieten Asiens hingegen, eignen sich sehr gut für die kälteren Klimazonen Europas und der USA. Sie werden in steigendem Umfang angebaut und durch Züchterfleiß weiterentwickelt. Die Zuchtziele sind mannigfaltig. Neben der Fruchtgröße sind Aspekte wie Farbe, Vitamingehalt, Geschmack und vieles mehr von hohem Interesse für die führenden Botaniker. Die ersten Zuchtergebnisse für diese eigenständige Beerenobstart wurde in Russland von Mitschurin erbracht und sind in seinen schriftlichen Werken dokumentiert. Auch später haben russische Züchter z.B. an der weiteren Erhöhung des Vitamingehaltes dieser Beerenobstart gearbeitet. Mit der Sorte „Prasdnitschnaja“ (Feiertag) und "Soroka" (Elster) aus der Art Act. kolomikta haben s Das ist Weltspitze bei Actinidien! (Quelle: Griasev:„Kiwi in Russland“, Sotschi 2005)
Aus der Art Act. arguta sind wohl die auffälligsten Sorten aus Russland die „Urodnaja“ mit schönen gleichmäßig geformten Kugelfrüchten. Die Kiewer „Krupnoplotnaja“ – die Großfrüchtige, sowie die Sorte „Ananaskaya“ (jetzt in Europa „Jumbo Verde“ oder „Ambrosia“ genannt.) Diese hat auffallend lange aber nicht sehr aromatische Früchte. Bei fachgerechten Schnitt bringt diese verbreitete Sorte hohe Erträge. "Prasdnitschnaja" Die Züchter aus den USA haben für ihren Plantagenanbau ebenfalls aus Arten Sorten weiterentwickelt. Aus den großen Angebot an Pflanzen aus USA werden in Deutschland viele angebaut, von denen die Sorte „MSU“ überzeugt.
„MSU“ sieht der „Ananaskaja“ zum verwechseln ähnlich, hat aber ein wesentlich besseres Aroma.
"MSU"
Die Sorte „Anna“ besticht mit ihrer schönen rostroten Fruchtfarbe.
"Anna" "Anna" Die Sorte „Ananas“, eine Plantagenfrucht in den USA und der Schweiz, ist sehr aromatisch und hat als „Markenzeichen“ einen lilaroten Farbton bei Vollreife.
„Rossana“ – Eine neue aus USA, sieht gut aus, schmeckt gut, muss sich aber erst noch in der Vergleichspflanzung durchsetzen.
Aus Neuseeland – vom Züchter Kens Knoop – stammen zwei gelungene Weiterentwicklungen dieser Beerenobstart. Die „Kens Red“ und die „Red Princes“, es sind Schwesternklone der Kreuzung Act. melanandra x Act. arguta var. cordifolia. Die Früchte sind mittelgroß bis groß. Das Fruchtfleisch ist dunkelrot, bei Überreife färbt auch die Schale rötlich ein.
Aus der Tschechischen Republik stammen einige neue Sorten wie z. B. die „MB 1 – 6“, sowie von Herrn Kola aus Mähren (nokal1@seznam.cz) die Selektion aus Act. kolomikta Aussaaten, die „Kola 17“ bzw. „Vitakola“, die eine Fruchtlänge bis 5 cm erreicht. Schmal und lang hängen die Früchte dekorativ wie „Minigurken“ am Spalier.
Herrn Fridrich aus Mähren gelang auch eine Kreuzung der Act. delicosa x Act.arguta. Er selektierte von den Sämlingen interessante Fruchtformen. Diese Pflanzen stehen im Weinbaugebiet, ob sie in rauen Klimagebieten bestehen können ist noch zu prüfen.
In Polen ist der Plantagenanbau der "Kiwiberries" sehr populär. Dr. Ing. Piotr Latocha unterstützt diese Entwicklung mit seinem Buch „Aktinidia“ aus dem Hortpress-Verlag 2006 (e-mail: info@hortpress.com ) Aus dem umfangreichen Zuchtprogramm von Herrn Latocha sind nachfolgende Cultivars erfolgversprechend:
„D 14“ - Früchte von 13-14 Gramm, sehr fruchtbar, Früchte grün-weißlich mit rosa Schein auf der Fruchtschale, angenehmer Geschmack und hoher Vitalstoffgehalt „D 11“ - Früchte ca. 7 Gramm, innen und außen rot, weniger ertragreich aber hoher Vitalstoffgehalt der Früchte. „L 1“ - Früchte rundlich, Gewicht bis zu 14 Gramm, innen grün, außen rötlich angehaucht. Ein sehr delikater Geschmack mit „Honigaroma“ zeichnet diese Neuzucht aus. „F 5“ - Früchte innen und außen weinrot, lang und zylindrisch. Der Geschmack wird als würzig bezeichnet. Ein sehr fruchtbarer Cultivar. „E 15“ - Früchte außen grün, bei Vollreife rötlich, innen rot gefärbt, angenehm süßer Geschmack. Da die „E 15“ ca. 14 Tage früher reift als die meisten Sorten der Kiwiberry`s ist dieser Cultivar für das gestaffelte Fruchtangebot sehr interessant. In der Schweiz hat sich die Eidgenössische Forschungsanstalt Wädenswill in Bezug auf die Popularisierung der neuen Obstart „Kiwiberry`s“ verdient gemacht. Die in Wädenswill aufgepflanzte Sortenvielfalt wurde über viele Jahre auf ihre vergleichbaren Eigenschaften geprüft und die besten davon zum Massenanbau ausgelobt. Mit dem Artikel „Minikiwis – Aroma in Grün“ in der „Obst-Weinbau“ Schweiz Nr. 13/00 haben sich Herr Peter Rusterholz und Herr Alfred Husistein ausführlich dieser neuen Obstart angenommen. FAW hat selbst aus Sämlingen die Sorte „Kiwino“ ausgelesen und diese als Favorit bei der Minikiwi-Prüfung herausgestellt, Fruchtgewicht bis 18 Gramm sind machbar.
Aus Italien und Frankreich ist bekannt, dass der Anbau der „Kiwiberry`s“ stark forciert wird. Die Plantagen haben teilweise selbst aus Sämlingssätzen brauchbare Cultivars selektiert, um unter den örtlichen Bedingungen zu leistungsfähigen Fruchtträgern zu kommen. Über Sortenzulassung und Pflanzenhandel ist wenig bekannt. Es wäre begrüßenswert, wenn sich besser informierte „Kiwifreunde“ dazu zu Wort melden. Bekannt ist in Deutschland die „Kiwai Rouge“ aus Frankreich. Aus Italien stammt die erfolgreich Sorte „Red Beauty“, die weitgehend ohne Alternanz hohe Erträge garantiert. Der Geschmack der Früchte ist gut, aber nicht vom arteigenen Geschmack abweichend. Mit der Sorte „Rosy“ kommt auch aus Italien ein Beitrag zum vermehrten Angebot von farbig attraktiven Früchten. In Deutschland kamen die ersten Impulse zum Anbau dieser delikaten „Minikiwis“ schon gegen 1980 aus Bayern. Eine der ersten verfügbaren Sorten war die „Weiki“, die Weihenstephaner Kiwi, die vom Diplomgärtner Herrmann Schimmelpfeng, vom Institut für Obstbau der Technischen Universität München, selektiert worden ist. Die bis 10 Gramm wiegenden Früchte weisen eine braunrote Deckfarbe auf und ihr Geschmack wird als süß-aromatisch, mit etwas Säure beschrieben. Pro Pflanze sind 10 – 30 kg Früchte möglich. Es zeigt sich, dass der Klon „31“ – aus einen Sämlingssatz von Weihenstephan – die Sorten aus USA im „Rosinenstadium“ überragt. Das begründet sich aus dem noch guten Geschmack dieser Früchte nach Austrocknung und starker Frosteinwirkung. Aus der Kreuzung Act. Sorte „ISSAI“ x Act. kolomikta, die in Chemnitz erfolgte, hat Herr Schimmelpfeng Aussaaten gemacht und interessante Hybriden daraus selektiert. „Marmelada“ (Z 24) hat kleine Früchte mit außergewöhnlich delikaten Geschmack, durch ein ausgewogenes Zucker/Säure-Verhältnis. Eine „Aromafrucht“ zur Verarbeitung und zum Verschneiden mit Fruchtsäften. „Kiwaibomb“(Z 21) ist eine Pflanze mit gedrungenen Habitus, sie trägt reichlich formschöne, gleichmäßig große, pralle, druckfeste Früchte mit guten Handlingseigenschaften zur Frischvermarktung. Leider reicht der Geschmack der Früchte nicht an den des Schwesternklons „Z 24“ heran.
"Kiwaibomb" Vorgenannte und andere Klone aus dieser Kreuzung blühen schon im 2. Standjahr nach der Pflanzung. Früher Fruchtbehang und das gute Aroma machen diese und weitere Auslesen von Herrn Schimmelpfeng zum genetisch breitgefächerten Pool für neue Zuchterfolge über Hybridpflanzen. Der Jungpflanzenbestand der Uni in Weihenstephan lässt hoffen:
Aus einer Kreuzung Act. Sorte „ISSAI“ x Act. kolomikta ist aus dem Sämlingssatz, der in Chemnitz aufgepflanzt ist, von der Baumschule Sämann in Bautzen der Klon „M 1“ ausgewählt und unter den Namen „Julia“ in den Pflanzenhandel gebracht worden. „Julia“ wächst gedrungener als ihre Argutaverwandten. Die Früchte sind kleiner, mehr traubenartig angeordnet und werden so geerntet. „Julia“ ist ein „Massenträger“ ohne Ertragspausen (Alternanz). Die Früchte sind hocharomatisch, weit delikater als die hier vertriebenen Kiwi, die es im Supermarkt zu kaufen gibt.
In den Hybridklon „M 1“ (Julia) ist die Act. purpurea eingekreuzt und hat u. a. die „Redberry“ hervorgebracht, eine aromatische Frucht in „Stachelbeerrot“. Der hellgraue abwischbare Wachsanflug auf der Fruchtschale ist ein weiteres unverwechselbares Markenzeichen dieses Cultivars, der keine Krankheiten und Schädlinge kennt. „Beauty R“ ist ein ausgewählter Sämling der italienischen „Red Beauty“. Im 6. Sämlingsjahr brachte er schon beachtliche rötliche Früchte hervor. Größer und kugeliger in der Form als die Muttersorte, hebt er sich deutlich vom aufgepflanzten Sortiment ab. Dieser Klon hat ebenfalls einen „gebremsten Wuchs“. Trotz Fehlen von Langtrieben und ohne Alternanz steigert er immer noch seine jährliche spät reifende Fruchtmenge. Selektionen aus Sämlingsbeständen der russ. „Ananakaya“ ( auch „Jumbo Verde“ oder “Ambrosia“) mit ihrer einmaligen langen Fruchtform brachten wiederum zwei außergewöhnliche Klone hervor. „Mekilong“ hat eine lange walzenförmige Frucht. Im Querschnitt nicht oval, sondern fingerartig rund. Bild: „Mekilong“ „Mekitrend“ der Schwesternklon ist in der Fruchtform wesentlich breiter, im Querschnitt deshalb ovaler und auch schwerer als diese unter vielen Namen bekannte alte russ. Züchtung. Dem Trend zu höheren Fruchtgewichten kommt dieser Cultivar mit 15-18 Gramm entgegen. Die „Mariered“, mit relativ gleichmäßig großen, kugelförmigen, braunroten Früchten von über 14 Gramm, hat wie die „Mutter“ „Red Beauty“ grünes Fruchtfleisch.
"Mariered" „Felixgreen“ ist der Schwesterklon vorgenannter, bleibt aber dagegen auch außen bei Vollreife grün. „Warkilau“ ist eine von vielen Sämlingen der „Warszawa“, die offensichtlich keine Act. arguta ist. Das Jungholz ist grau/weißlich, viel heller als bei der Art. „Warkilau“ hat dazu noch außergewöhnlich flache, etwas herzförmige Früchte von guter Qualität. Vorgenannte Cultivars sind wohl die Bekanntesten aus über 20 Jahren züchterischen Bemühungen um die Weiterentwicklung der neuen Obstart „Kiwiberry“ (Minikiwi). Ob diese Auslesen in breiten, langjährigen Vergleichstests in Gärten und als Plantagenfrucht bestehen können, wird die Zukunft zeigen. Obstzüchtung basierte schon immer auf Zielstrebigkeit, Beharrlichkeit und dem Faktor Zeit. Eine menschliche Generation allein reicht nicht aus, um in der Zucht Großes zu bewegen. Die Nachfolger greifen wiederum das Beste ihrer Vorgänger auf, um höhere Ziele anzustreben. Die Gesetze der Natur verbieten regelrecht eine Endgültigkeit der Zucht. Zucht ist ein bewusstes, systematisches Eingreifen in die sich immer in Veränderung befindliche Natur. In der Endkonsequenz ist der Züchter, ebenso wie die Biene, die Hummel, der Schmetterling oder der Kolibri, nur ein Werkzeug der Natur, um die Weiterentwicklung der Pflanze aufrecht zu erhalten. Mehr sind wir nicht!
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www.mini-kiwi.de |